Grüne Fraktion stimmt für Ortsbeiräte

Zur 23. Öffentlichen Sitzung der Gemeindevertretung Villmar am 13. Juni 2024

Der Antrag zur Einrichtung von Ortsbeiräten von Gemeindevertreter Andreas Städtgen (fraktionslos) wurde mehrheitlich abgelehnt. Allein der Antragsteller selbst und die drei Mandatsträger:innen der grünen Fraktion stimmten dafür.

Unsere Meinung dazu: Demokratie beginnt vor der Haustür

Redebeitrag von Gertrud Brendgen, Fraktionsvorsitzende:

„Warum haben wir eigentlich keine Ortsbeiräte? Eine Frage, die mir in den letzten Monaten auffällig oft von verschiedenen Villmarer:innen gestellt wurde. Wir haben keine, weil es eine freie Entscheidung der Kommunen ist, ob Ortsbeiräte gewählt werden oder nicht.

Entschieden wurde das in Villmar vor vielen Jahren (1970 bei der Zusammenlegung?). Damals waren Kommunalwahlen noch reine Listenwahlen. Dadurch war garantiert, dass die Listenplätze verbindlich waren und theoretisch aus jedem Ortsteil Mandatsträger:innen in die Gemeindevertretung gewählt werden konnten. Deshalb war man der Meinung: Alle Ortsteile sind vertreten, also braucht man keine Ortsbeiräte.

Dann kam das Kumulieren und Panaschieren: „Mit dem Gesetz zur Stärkung der Bürgerbeteiligung und der kommunalen Selbstverwaltung vom 23. Dezember 1999 wurde in Hessen ein neues Kommunalwahlrecht eingeführt.“

Nun, in der Praxis stellen wir fest, dass das mit der Bürgerbeteiligung eine einseitige Sache ist. Bewerber:innen können favorisiert, aber auch gestrichen werden. Ob das nun letztendlich der Grund ist, warum nicht mehr alle Ortsteile in der Gemeindevertretung vertreten sind, darüber lässt sich sicher streiten.

Aber selbst wenn das Modell „alle Ortsteile sind in der Gemeindevertretung vertreten“ zutrifft: Wer macht sich schon die Mühe, aus der langen Liste der Gemeindevertretung herauszufinden, welche:r Mandatsträger:in im eigenen Ortsteil lebt? Sofern er ihn nicht zufällig persönlich kennt.

Direkter – will sagen: basisdemokratischer funktioniert hier also Teilhabe, wenn es eine klar definierte Gruppe – also einen Ortsbeirat – gibt, die die Ortsteil-Interessen vertritt. Unsere Fraktion ist daher der Meinung, dass die Bildung von Ortsbeiräten allemal eine Chance ist, mehr Menschen in die Kommunalpolitik zu integrieren, sie mitzunehmen. Sie werden quasi dort abgeholt, wo sie zu Hause sind.

Die Ortsvorsteherin oder der Ortsvorsteher sind direkte Ansprechpartner, wenn es um den eigenen Ortsteil geht. Probleme aber auch Anregungen und Ideen finden so den direkten Weg in die Gremien.

Als Mandatsträgerin stelle ich in Gesprächen immer wieder fest, dass sich Menschen in unserer Gemeinde „abgehängt“, „ohnmächtig“ oder nicht „gehört“ fühlen.

Ein Verweis auf die nächste Sitzung des Ortsbeirats wäre hier allemal ein „niedrigschwelliges“ Angebot. Dort geht es dann um den eigenen Ortsteil, und damit um „naheliegende“ Probleme. Und vor allen Dingen: Hier kann sich jeder unkompliziert einbringen, ohne verstehen zu müssen wie eine „Antragstellung“ funktioniert.

Was den finanziellen Aspekt betrifft: Was uns alle am teuersten zu stehen kommt, ist, wenn die Politik den Kontakt zur Bevölkerung verliert.

Welche Kompetenzen die Ortsbeiräte haben – außer den festgelegten Mindestkompetenzen – legt die Hauptsatzung fest. Jetzt wäre in der Tat noch genügend Zeit, darüber zu beraten und die Hauptsatzung zur Kommunalwahl 2026 entsprechend anzupassen. Wir legen uns mit dieser Entscheidung dann natürlich für die Legislaturperiode fest.

Im Vorfeld empfehlen wir – falls es zur mehrheitsfähigen Entscheidung kommt – die Bürger:innen umfänglich über das Thema „Ortsbeiräte“ zu informieren. Über Flyer, Veranstaltungen, Workshops.

Die Grünen sind auf jeden Fall bereit, diesen basisdemokratischen Schritt mitzutragen.“

Ablehnung bei den anderen drei Fraktionen

Begründungen für eine Ablehnung des Antrags waren (zusammengefasst):

  • Hoher bürokratischer Aufwand, zusätzliche Kosten und
  • Befürchtungen, dass kein „Personal“ für die zu bildenden Ortsbeiräte gefunden wird.
  • CDU und SPD waren sich einig, dass durch die Gemeindevertretung und den Gemeindevorstand alle Villmarer Ortsteile ausreichend repräsentiert sind.
  • Die UFBL hat ihre Ablehnung nicht mit einem Redebeitrag begründet.

Hier der Antrag von Andreas Städtgen (fraktionslos) in Kurzfassung:

Einrichtung von Ortsbeiräten in allen Ortsteilen (Ortsbezirken) des Marktflecken Vilmar

Die Hessische Gemeindeordnung erlaubt es den Gemeinden, Maßnahmen zur Förderung der Selbstverwaltung zu ergreifen. Die HGO stellt unter den Paragraphen 81 f., die Einrichtung von Ortsbeiräten dar. Dies zur Grundlage beschließt die Gemeindevertretung des Marktflecken Vilmar wie folgt:

Mit Wirkung der nächsten Wahlperiode (März 2026), sind in allen Ortsteilen (Ortsbezirken), Ortsbeiräte einzurichten. Die Hauptsatzung, Geschäftsordnung, Entschädigungssatzung des Marktflecken Villmar wird hierzu angepasst. (…)

Begründung: Die Einführung von Ortsbeiräten im Marktflecken Villmar ist sinnvoll, da sie dazu beiträgt, die Bürgerbeteiligung und -mitbestimmung auf lokaler Ebene zu stärken. Durch die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungsprozesse, können die Bedürfnisse und Anliegen der Gemeindemitglieder besser berücksichtigt werden. Ortsbeiräte können als Sprachrohr für die Bewohnerinnen und Bewohner fungieren und somit zu einer transparenteren und demokratischeren Verwaltung beitragen.

Die Gemeindevertretung wird weiter auf 31 Mandatsträger festgelegt

Weiter hatte Gemeindevertreter Andreas Städtgen eine Verkleinerung der Gemeindevertretung beantragt. Nach einer kurzen Debatte hat Andreas Städtgen diesen Antrag zurückgezogen.

Artikel kommentieren

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.